Da ich nach längeren Perioden auch wieder mal eine neue akustische Gitarre brauche (E-Gitarren baue oder pimpe ich selbst, was wesentlich einfacher ist als die hohe Kunst des Akustikgitarrenbaus), gehe ich in ein Ladengeschäft in meinem Fall Musik Billeter, Solothurn oder der Auswahl wegen auch Musik Favre in Füllinsdorf. Betreffend Shops erstelle ich zu einem späteren Zeitpunkt einen weiteren Blog.
Nun, am liebsten würde ich mit den speziellen Linealen, Rocker-Dreieck (Das tollste kleine Werkzeug, dass offenbart ob die Bünde abgerichtet sind…) und Distanzuhr (misst die Saitenabsände zum Griffbrett/Bund) in den Shop gehen und die Gitarren mal «vermessen». Aber es wäre ebenso vermessen mit diesen Utensilien einen Shop zu betreten. Was ist also zu tun. Ganz ohne Hilfsmittel geht’s gar nicht, so nimmt man am besten ein Stimmgerät und einen Kapodaster mit.
Wie geh ich nun beim testen einer akustischen Gitarre vor (In diesem Fall eine Stahlsaitengitarre)?
Ich such mir die aus, die mir auch optisch gut gefällt. Was es heute an Löchern Schlitzen und Aussparungen gibt, die anscheinend den Sound verbessern… Ich bin, wie früher mal erwähnt, auch nicht Fan von einem Cutaway. diese paar cm3 brauche ich für den Sound. Mir ist am liebsten die alte klassische Dreadnought-Form (also die gängige Westerngitarre).
Betr. Marken bin ich mit vertrauten Marken immer am Besten gefahren. Im oberen Preissegment Gibson, Martin, Lakewood und im mittleren Preissegment (das tiefere schenken wir uns) Epiphone, Takamine, Cort. Die Aufzählung ist nicht abschliessend!
Bekannt Marken haben halt den Vorteil, dass sie einen gewaltigen Know-How Vorsprung haben. Ich will keinesfalls die Qualität vieler Newcomer-Gitarren schmälern. Neue Besen kehren bekanntlich gut. Ich will nur andeuten, dass Martin seit 1833 im Geschäft ist und jedes Jahr einen Know-How Vorsprung bedeutet. Da müssen asiatische Gitarrenbauer lange kopieren, üben und Bauen, bis sie den technischen Stand von Martin erreichen. doch die Zeit dreht schneller und es gibt natürlich viele Nischen-Anbieter, die einen hohe Qualtität bieten.
Nun zum eigentlichen Antesten
Ich spiele die Gitarre an und achte mal nur auf den Sound! Mein Vorteil ist, dass ich nun bald über 50 Jahre diverse Sounds einer akustischen Gitarre gehört habe und ich gewisse Klangfarben unterscheiden kann. Mein Ziel ist: Einen samtigen, warmen, weichen, druckvollen Klang und eine Gitarre, die auch gut auf Picking anspricht.
Ich spiele also die Gitarre deshalb mit Plektrum und mit den Fingern.
Ich achte auf die Verarbeitung: Farbübergänge, Holzmaserung und vor allem auf die saubere und runde Sache an den Bundenden: Fahren sie mit dem Finger über den Griffbrettrand und achten sie darauf, ob sie scharfe Kanten fühlen. Manchmal treten die Bünde wegen des Holzes, das arbeitet im Kontext mit der Temperatur, ein wenig vor. Sind die Kanten teilweise sehr scharf, legen sie die Gitarre zurück.
Verstimmen sie die Gitarre und stimmen sie die Gitarre wieder. Nehmen sie dazu ein teures Stimmgerät, dass «ruhig» ausschlägt. Wenn sie nun an den Mechaniken drehen, sollten der Ton gleichmässig (nicht ruckartig) und ohne Geräusche höher werden.
Spielen sie nun auf jeder Saite die Töne von der leeren Saite bis nach oben Bund für Bund an und achten dabei auf Schnarrgeräusche. Anfangs mit einem schwächeren, danach mit einem stärkeren Anschlag. Die Gitarre sollte im Besten Fall nie schnarren. Tut sie das nicht und ist der Saitenabstand zum Griffbrett dazu noch angenehm niedrig, so haben sie eine Top Ausgangslage. Sollte mehr als 5 Bünde an verschiedenen Orten schnarren, so spricht vieles dafür, dass die Bünde nicht überall gleich hoch sind und diese abgerichtet werden müssten. Aber Achtung, ich habe auch schon erlebt, dass der Inhaber die Gitarre kurz in die Werkstatt genommen hat und nach 10 Minuten via Halskrümmung das Problem gelöst hat. Dies führt mich zum nächsten Punkt:
Halten sie mal die Gitarre wie ein Gewehr und schauen über die Griffbrettkante (Am besten der Korpus «an» ihrem Gesicht.) Vielleicht stellen sie eine übermässige Krümmung fest. Ganz gerade geht fast nie, doch eine zu grosse Krümmung müsste korrigiert werden. Aber Achtung: Die Möchtegern-Profis, die so über das Griffbrett schauen und schon wissen was Sache ist, können in keinem Fall sagen, um wieviel die Krümmung (das Relief) nicht stimmt. Man kann einfach ungefähr sagen, dass es nicht stimmt. Bei Stahlsaitengitarren kann die Halskrümmung korrigiert werden.
Setzen sie die Kapodaster im ersten Bund und drücken sie die tiefe E-Saite an dem Punkt, wo sich Hals und Korpus verbinden (grobe allgemein: 16. Bund). Ab diesem Punkt, also «höher», bewegt sich der Hals nicht mehr, da er fest mit dem Korpus verschraubt in einigen Fällen, sogar verleimt ist. Dann achten sie etwa in der Mitte also ca. 7. bis 9. Bund auf die Distanz der Saite zum Griffbrett. Tippen sie an dieser Stelle mit dem Finger auf die Saite. So kriegen sie das Gefühl wie hoch der Saitenabstand im 7. oder 9. Bund ist.
So weit so gut: Sie möchten gerne eine Gitarre mit möglichst «gerader» Halskrümmung, tiefer Saitenlage, die beim Anspielen niergendwo scheppert und gut verarbeitet ist.
Kommen wir noch zum Sattel. Ein sehr wichtiger Punkt. Wenn sie im dritten Bund drücken und zwischen dem ersten Bundstäbchen und der Saite ein Blatt Kopierpapier Platz hat ist es mal nicht schlecht. Gar nicht gut, wäre, wenn die Saitenkerben zu tief gefeilt sind. Da hilft nur der Soda-Sekundenkleber Trick vom Profi bzw. ein Austausch des Sattels. Ebenfalls sind im optimalen Fall die Kerben für eine bestimmte Saitendicke vorgesehen. Das leuchtet ein, da eine Kerbe für 10er Saiten eine 13 Saite nicht passend aufliegen lässt.
So haben sie ein wenig eine Starthilfe. Sind sie aber Einsteiger, so nehmen sie am vorzugsweise jemand mit der ihnen ein wenig bei der Auswahl zu Saite steht. Ach ja: Reduzieren sie die Auswahl nicht auf zu viele Gitarren, sonst wissen sie nicht, wo ihnen der Kopf steht.
«Ach die teure brauchen sie gar nicht vom Haken zu nehmen…» Doch bitte, sollte man. Der Grund liegt darin, dass sie die beiden Extreme teuer-billig anspielen und so rausfinden wo in etwa ihr Klangspektrum liegt.
Die Sache mit der Elektronischen Verstärkung gehört sich gut überlegt. Spielen sie in den nächsten 5 Jahre über ein PA oder über einen Akustikverstärker. Wenn ja entscheiden sie sich für eine Gitarre mit «Kabelanschluss» Der Preis den sie zahlen ist manchmal eine hässliche Verbauung eines elektronischen Teils inkl. Stimmgerät. Man kommt jedoch teilweise davon ab und verlegt das Volumenpoti an den Rand unterhalb des Schallochs. Nachteil: Sie haben dann nur das Volumenpoti und die restlichen Einstellung müssen sie «extern» am PA oder am Akustik-Amp vornehmen. Ebenfalls können sie bei einem evtl. Auftritt – «Gig» keinen runden Rückkoppelungs-Dämpfer aus Gummi ins Schallloch «eindrücken». Das Volumenpoti ist im Weg bzw. kann nicht mehr bedient werden.
Betr. Sound ist es bei elektroakustischen Gitarren (nicht elektrischen) so eine Sache: Spielen sie Gigs, so ist ihnen natürlich wichtig, dass der tolle akustische Klang auch mit hoher Qualität elektronisch verstärkt wird und über den Akustikverstärker bzw. über eine Gesangsanlage (PA) ebenso oder annähernd so toll rüberkommt. Dies müsste also auch getestet werden. Was nützt ihnen der tollste akustische Klang, wen sie im elektronischen LVE-Betrieb diesen Sound nicht rüberbringen. Da kann eine Gitarre, die akustisch nicht sooo toll klingt, jedoch elektronisch das Beste rausholt, die bessere Wahl sein.
Weiter geht’s mit der Intonation, fälschlicher Weise vielfach mit Bundreinheit betitelt. Jetzt brauchen wir das Stimmgerät. Stimmen sie die hohe E-Saite sehr genau, drücken diese Saite im 12. Bund ab und spielen die Saite ebenfalls in dieser Position. Das Stimmgerät sollte auch im 12. Bund genau den gleichen Ton anzeigen, also sollte sich die Anzeige nicht verändern. Ist dies nicht der Fall, sprich die hohe E-Saite stimmt zwar, wenn man sie leer anschlägt, aber im 12. Bund wird eine höherer oder tiefer Ton angezeigt, so wird es kritisch. Bei Elektrogitarren kein Problem. Das sind tönende Mechano-Kästen. Man kann, speziell bei Fender, alles nachstellen und justieren. Somit auch die Saitenlänge, die einen Einfluss auf die Intonation hat. Bei akustischen Gitarren ist der Steg fest verleimt. Somit ist die Saitenlänge zwischen Steg und Sattelkerben genau definiert und kann nicht ohne grösseren Aufwand korrigiert werden.
Und zu guter Letzt: Der Verkäufer wird ihnen während des Ausprobieren mit ziemlicher Sicherheit folgende Sätze aufsagen:
- Das ist ein Schätzchen! Von den fünf Stück, die ich habe, ist dieses Modell die Perle!
- Ist der Klang nicht phänomenal?
- Man kann im Nachhinein alles nachrüsten!
- Ich spiele dieses Modell selber!
- Das ist eine neue spezielle Holzverarbeitung, die sonst in dieser Preisklasse nicht angewendet wird.
- Noch die nächsten 2 Tage gibt es Rabatt!
- Ein Geheimtipp unter Profis
Er meint es teilweise ehrlich, doch bleiben sie fokussiert beim Wesentlichen gemäss obigen Tipps. Weiter sollten sie nur die Gitarre kaufen, die sie angespielt haben. Auf keinen Fall eine nachbestellen: Das gleiche Modell kann anders klingen.
Ich habe mir vor ein paar Tagen die legendäre J45 von Epiphone ergattert. Epiphone hat die Lizenz, sämtliche Gibson Modelle 1:1 nachzubauen. Das ganze Know-How von Gibson fliesst in die Produktion der «billigeren» Linie. In meinêm Fall würde die Gitarre von Gibson ca. CHF 3500.- aufwärts kosten und die «Kopie», die in Klang und Verarbeitung sagenhaft ist kostet 1150.- Ich hatte dann noch eine schlaflose Nacht betr. Farbauswahl. Ich bin jetzt noch nicht sicher, ob ich die richtige Wahl getroffen habe. Der Vorteil diese Methode: Sie können das teure Gibson Modell anspielen und danach gleich die «Günstiglinie». In meinem Fall war der Klang der Epiphone gewaltig und ich merkte keinen Preisunterschied von 2500 und mehr. Dasselbe habe ich mit der Jumbo J200 gemacht und kam zu einem anderen Schluss. Per se hätte mir die Jumbo besser gefallen, doch der Klangunterschied von teuer zu günstig war hier frappant, was je eingentlich ok ist. Irgendwo muss der Preisunterschied liegen.
In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spass bei der Qual der Wahl und beim Antesten von Akustik-Gitarren. Mit der Zeit haben sie den Bogen raus. Und schlafen sie ruhig eine Nacht darüber, am Morgen fühlt sich alles nüchterner an. Dann gehen sie nochmals hin und machen den Deckel zu. Den des Koffers. Den dieser gibts ab 1000.- in der Regel dazu.